Filmdigitalisierung
Es ist nicht so lange her, als man noch nicht videografierte und die Bildfolgen als Nullen und Einsen auf kleinen Speicherkarten ablegte, sondern Filmbilder rein optisch auf Filmmaterial mit einer fotoempfindlichen Emulsion belichtete und danach zu einem Filmstreifen entwickelte. Darauf konnte man mit einer Lupe oder sogar mit bloßem Auge die Einzelbilder erkennen und ihren Inhalt zumindest erahnen. Die Kinoindustrie filmte auf 35mm breitem Normalformat. Der Amateur mit schmalem Budget und begrenztem Gepäckvolumen auf Reisen oder anderswo filmte auf Schmalfilm.
Abgesehen von wenigen Enthusiasten, die das Schmalfilmen – warum auch immer – auch heute noch nicht lassen können, ist uns aus dieser Zeit vor allem ein großer Fundus an Filmen erhalten geblieben, die uns noch viel Interessantes über die Zeit unserer Großeltern, Eltern oder auch über unsere eigene Vergangenheit erzählen können. Oft haben diese Filme sogar eine bessere technische Bildqualität, als viel jüngere analoge Videoaufnahmen, von denen die Schmalfilme später abgelöst wurden – von der gestalterischen Qualität oft ganz zu schweigen. Dabei schlummern manche der Filme schon einhundert Jahre oder länger in ihren Büchsen!
Filmamateure nutzten vor allem die Formate 16 mm, 8 mm und Super 8 mm, zeitweise auch 9,5 mm. Während vor 20 Jahren die Videokopie eines solchen Films keine mit dem Original vergleichbare Qualität erreichen konnte, sind heute inzwischen hoch aufgelöste digitale Kopien möglich, die dem Original technisch ebenbürtig sind und ohne Verluste weiterkopiert werden können. Solche digitale Kopien bieten darüber hinaus sogar Möglichkeiten, die empfundene Bild- und Tonqualität nachträglich zu steigern. Man denke nur an die Möglichkeiten der digitalen Filterung, an Belichtungs-, Gradations- und Farbkorrekturen oder an eine direkte Übernahme von Ton-Originalen, sofern auf separaten Tonbändern noch vorhanden, während die Film-Randspur nur begrenztere Qualitätsmerkmale erreicht.
Dabei soll man selbstverständlich mit Veränderungen des optischen Eindrucks sehr sparsam umgehen, um seinen ursprünglichen filmischen Charakter nicht zu verlieren. Behutsam angewandt können solche modernen Möglichkeiten das historische Material aber wirklich aufwerten.
Die Digitalkopie unter Amateurbedingungen geht erfahrungsgemäß leider oft in eine Richtung, die mit wesentlichen Zugeständnissen an die Qualität dieser Kopien verbunden ist. Nach dem Motto „Das sind alte Aufnahmen, die waren damals nun mal nicht besser!“ sieht man dann recht halbherzig gemachte Kopien mit pumpender Helligkeit, Hotspots im Bildzentrum, mangelnder Schärfe, viel zu hoher Gradation und unruhigem Bildstand. Gute historische Amateurfilme haben das nicht verdient! Wir sind es solchen alten Dokumenten einfach schuldig, sie in die Gegenwart und die Zukunft hinüber zu retten – und zwar mit der (wenigstens annähernd) vollen Qualität, die sie ursprünglich hatten.
Über das Digitalisieren von Schmalfilmen ist schon manches geschrieben worden. Dennoch ist diese Thematik in den einschlägigen Foren oft „unterbelichtet“: Den Digitalfilmern ist es wohl zu „retro“, die (ehemaligen) Schmalfilmer suchen hingegen eine möglichst gebrauchsfertige Lösung. Naja, und wer damit Geld verdient, mag sich nicht freiwillig in die Karten schauen lassen.
In den 90-er Jahren hatte ich bereits einmal verschiedene Filmprojektoren zum Kopieren mit Videokameras umgebaut und das Ergebnis entsprach weitgehend den damaligen Ansprüchen und Gewohnheiten. Heute möchte man diese S-VHS-Kopien wegen ihrer – aus jetziger Sicht – gravierenden technischen Mängel eigentlich niemandem mehr zeigen. Vermutlich sind sie auch während der Lagerung nicht gerade besser geworden. Anders die Originalfilme, denen die lange Lagerzeit kaum anzusehen ist.
Inzwischen hat sich die digitale Bildaufnahme in Riesenschritten entwickelt und es sind digitale Fotokameras mit nie gekannter Bildqualität für den Amateur erschwinglich geworden, die auch bei der Nutzung als Videokamera wirklich erstklassige Aufnahmen liefern. Natürlich wird sich diese Technik noch weiter entwickeln. Es gibt aber, so meine ich, eine physiologisch sinnvolle Grenze, die man dann auch nicht viel weiter überschreiten muss:
Unser Auge hat eine begrenzte Ortsauflösung, Helligkeits- und Farbdifferenzierung und eine maximal wahrnehmbare Bildfolgefrequenz. Wozu soll man also diese Grenzen um Größenordnungen überschreiten? Hinzu kommt, dass dank digitaler Technik zwischen verschiedenen Kopiergenerationen keine Verluste mehr auftreten. Mit einer guten HDTV-Darbietung kann man doch heute mehr als zufrieden sein – und die wird sogar schon von unseren Amateurkameras erreicht und übertroffen!
So gab es in meinem Kopf schon lange das Projekt, eine eigene Kopierapparatur aufzubauen, am besten gleich mit wechselbaren Baugruppen, um auf alle bei mir vorhandenen Filmformate – das sind N8; S8; 9,5; 16; 17,5; 35 mm – z. T. mit optischer oder magnetischer Randspur, umrüsten zu können. Die ersten Baugruppen waren dafür auch schon in langwieriger Freizeitarbeit fertig, als ich zunehmend aus vielerlei Richtungen „bedrängt“ wurde, wann denn nun endlich die ersten „Retro-Filme“ zu sehen sein werden.
Also fasste ich den Entschluss, das 16-mm-Format vorzuziehen und doch wieder den Weg zu gehen, einen vorhandenen Projektor umzubauen – einfach um Zeit zu sparen. Die Zeit rinnt uns durch die Finger, wir werden älter und mit uns all jene, die aus eigenem Erleben noch einen Bezug zum dokumentarischen Filmmaterial haben. Dann lieber jetzt noch etwas davon zeigen, bevor kaum noch ein Zeitzeuge da ist, der sich darüber freut!
Ähnlich wie mir könnte es auch manch anderem Videofilmer – insbesondere aus der Fraktion der „älteren Semester“ – gehen, der vor einigen Jahrzehnten noch mit der Schmalfilmkamera unterwegs war, um seine Filmideen mit der damals verfügbaren Technik umzusetzen. So entstanden zum Teil wertvolle Filmdokumente, die auch für jüngere Zeitgenossen und die Nachwelt interessant sein sollten. Außerdem kann der Transfer auch dazu dienen, die Filmoriginale nicht länger dem Risiko einer Beschädigung im Filmprojektor bei der „richtigen“ Filmvorführungen auszusetzen und dem Alterungsprozess der Filme zuvorzukommen.
Natürlich gibt es wie so oft viele Wege zum Ziel. Welchen man wählt, hängt von vielen Randbedingungen ab. So wird man als Amateur neben anderen Überlegungen auch darauf achten müssen, dass alles im bezahlbaren Rahmen bleibt und dennoch ein versöhnliches Ergebnis erzielt werden kann. Steht man (noch) engagiert im Beruf, darf auch der zeitliche Aufwand nicht ausufern. Andererseits sind gegenüber professionellen Lösungen bestimmte Zugeständnisse möglich, z. B. was die Produktivität bei der Digitalisierung betrifft, denn wir wollen ja keine Filmkilometer verarbeiten, sondern haben einfach Freude an unserem Hobby. Da darf der Weg schon mal ein Stück länger dauern.
Von meinen Erfahrungen will ich hier berichten. Es ist eine Momentaufnahme und keiner wird das alles ganz genau so nachvollziehen. Trotzdem meine ich, damit manchem „Leidensgenossen“ helfen zu können.
Zusammengefasst besteht meine Bearbeitungsfolge aus den Schritten:
1) Digitalisierungsprozess: Kopie der Filmbilder als digitale Rohbilder – im Normalfall mit automatischer Belichtungskorrektur durch die Kamera.
2) Vorverarbeitung der Rohbilder, insbesondere durch geometrische Anpassung, Weißabgleich, Gamma- und Belichtungskorrektur, und anschließender Export als Einzelbildfolge.
3) Übernahme der exportierten Einzelbilder in ein Schnittprogramm, Umwandlung in ein geeignetes Videoformat für die Archivierung und Weiterverarbeitung des Rohfilms.
4) Filterprozesse zur technischen Verbesserung der Videosequenzen, insbesondere Schmutzpartikel- und Filmkorn-Filter, Flimmerfilter, Bildstabilisierung.
5) Nach- und Fertigbearbeitung des Films im Videoschnittprogramm: Randbeschneidung, Entfernen von Schnittbildern, sonstige Fehlerkorrekturen, Einfügen von Titeln, Blenden, Anlegen des Tons.
6) Exportieren und Archivierung einer Mutterdatei in voller Pixelauflösung und mit niedrigen Kompressionsverlusten aus dem Videoprojekt, Exportieren einer Vorführkopie im HDTV-Format. Ggf. Herstellung weiterer Medien oder Image-Dateien.
7) Verwerfen/Löschen der Roh- und Export-Einzelbilder nach sorgfältiger Kontrolle der Ergebnisse.
Je nach Bedarf können die Schritte variieren.